Wischen, tippen, scrollen

Von Susan Künzel

Schon früh beherrschen Kleinkinder diese typischen Bewegungen, ahmen Eltern oder größere Geschwister nach und finden Gefallen daran. Die bunten Bilder und kleinen Erfolge wirken wie eine Belohnung. Doch wie viel Medienkonsum ist in welchem Alter unbedenklich? Wie wichtig sind reale Erfahrungen für die Sinne und die Gehirnentwicklung?

FRÜH ÜBT SICH

Der 4-jährige Max sitzt mit seinen Eltern im Restaurant und manövriert total vertieft kleine Kugeln in kleine Löchlein – auf Mamas Handy. Die Eltern studieren in Ruhe die Speisenangebote und plaudern mit dem Kellner. Beim kurzen Blick auf den Sohn sinniert die Mama: Max ist super konzentriert, lernt Fingerfertigkeit mit der Handytastatur und für die Auge-Hand-Koordination ist das bestimmt gut. Allerdings lernt Max insbesondere, dass dieses Gerät als Langeweilefüller bestens geeignet ist.

Natürlich gehören digitale Medien zur heutigen Lebenswirklichkeit der Kleinen dazu. In Kita und Grundschule will man sie auf ihr weiteres Leben vorbereiten und die Medienkompetenz fördern, also ein Verständnis für Sicherheit, für mögliche Fallen und Auswirkungen auf Konzentration und Schlaf vermitteln.

SPUREN IM GEHIRN

„Unser Gehirn befindet sich in einem fortwährenden Veränderungsprozess, und daraus folgt zwingend, dass der tägliche Umgang mit digitalen Medien eines nicht haben kann: keine Auswirkungen auf uns, die Nutzer“, sagte der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer schon 2012 und kritisiert vehement die frühe Mediennutzung. Damit ist er nicht allein; etliche Studien bestätigen, dass Kinder und Jugendliche mit hohem Medienkonsum weniger ausgeruht und leistungsfähig sind, häufiger in der Schule fehlen, unter Schlafstörungen leiden und ein geringeres Wohlbefinden haben. Dafür nehmen Spielsucht, Isolation und Depressionen zu. Jedoch gibt es auch starke Stimmen für ein – maßvolles – Heranführen an die Medien, denn Kulturpessimismus ist auch keine Lösung.

JE SPÄTER, DESTO BESSER

Je später Kinder mit digitalen Medien in Berührung kommen, desto besser. Und immer sollten Kinder die meiste Zeit des Tages nicht digital verbringen, an der frischen Luft sein, mit Gleichaltrigen spielen, die Natur erkunden, sich körperlich austoben. Erfahrungen mit allen Sinnen und der direkte Kontakt mit Menschen und mit Dingen sind unverzichtbar für die Entwicklung der Sprache, der Muskeln, des Hirns.

DIE RICHTIGE BALANCE

Manche Kinder legen das Tablet von ganz allein weg und folgen ihrem Bewegungsdrang, ohne dass Regeln nötig sind. Führt allerdings die Mediennutzung zu Gereiztheit, zum Dauerstreit oder werden Schule und Hobby vernachlässigt, sind Regeln notwendig. Diese sollten gemeinsam festgelegt werden, verhandelbar sein und dem Ziel dienen, dass das Kind kritische Aspekte versteht und einzuschätzen lernt, wie viel Zeit es wofür verwendet. Helfen kann ein Medien-Freizeit-Stundenplan oder entsprechende Einstellungen auf den Geräten – und das gute Vorbild der Eltern!

Was ist maßvoll?
› 2 bis 3 Stunden vor dem Schlafengehen keine Bildschirmmedien
› keine Medien beim Essen, bei den Hausaufgaben, im Bett
› medienfreie Tage und Zeiten
› keine Dauerberieselung nebenbei

Wie viel ist maßvoll?
› unter 3 Jahren keine Bildschirmmedien
› bis 6 Jahre maximal 30 Minuten Bildschirm täglich, keine eigene Spielekonsole
› bis 9 Jahre maximal 45 Minuten Bildschirm täglich, kein eigenes Smartphone
› ab 10 Jahren pro Lebensjahr eine Stunde Mediennutzung in der Woche
› bis 12 Jahre Computernutzung nur unter Aufsicht

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