
Drei Schlösser machen Schule
Augustusburg, Lichtenwalde und Scharfenstein liegen malerisch entlang der Zschopau – und wären schon für sich eine Stippvisite wert. Doch hier wird, ganz speziell für junge Besucherinnen und Besucher, noch viel […]

Alkohol ist nach wie vor die Droge Nr. 1 und auch in Sachsen das Hauptproblem, vor Crystal und Cannabis. Zwar gingen die Zahlen gegenüber der Zeit vor Corona erfreulicherweise zurück. Dennoch wurden 2021 laut Statistischem Bundesamt 11.692 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert. 2022 stiegen die Zahlen wieder an, blieben aber dennoch unter dem Vor-Corona-Niveau. So auch in Sachsen: Kamen 2019 im Freistaat 1.266 Jugendliche nach dem Konsum von zu viel Alkohol ins Krankenhaus, traf dies 2022 auf 984 Jugendliche zu. Der Alkoholkonsum setzt in Sachsen bei Jugendlichen unter 15 Jahren ein, etwa anderthalb Jahre früher als im Bundesdurchschnitt, verzeichnet die Suchtkrankenhilfe Sachsen.
Wenn Leanders Gedanken auf seinem Nachhauseweg an diesem Freitagnachmittag über seinem Kopf sichtbar wären, wäre da zu lesen: … Mann, die Woche war mega anstrengend … diese ganzen Tests … das kann man sich eh nicht merken… Und diese Scheißpickel im Gesicht …Ich verstehe dieses Mädchen nicht … Und Pa mit seiner Neuen, Mann ey, die könnte meine Schwester sein … Dann noch dieses Praktikum, woher soll ich denn wissen, wo ich da arbeiten will. Und wer weiß, was die da wieder von einem wollen … Erstmal Wochenende … erstmal feiern gehen, aber richtig, abschalten, Spaß haben …
So in etwa sehen die Motive der Teenager aus, die in Alkoholexzessen münden. Und während sie danach die Partyfolgen ausschlafen, richtet der Alkohol erhebliche Schäden im Gehirn an. Vorerst unbemerkt, doch mit langfristigen Folgen. Denn das junge Gehirn verzeiht nicht.
Während der Pubertät gleicht die jugendliche Schalt- und Speicherzentrale einer Großbaustelle. Unablässig werden neue Nervenverknüpfungen (also Synapsen) und Informationsübertragungswege gebaut. Millionen Nervenzellen werden miteinander verbunden und leiten Impulse weiter. Dadurch entwickeln und verbessern sich Fähigkeiten. Nicht mehr genutzte Verknüpfungen werden gekappt, vor allem zwischen dem 12. und dem 17. Lebensjahr. Zum Beispiel all die Nervenverbindungen, die zum Lernen der Muttersprache notwendig waren. Wissenschaftler nennen diesen Prozess pruning, nach dem englischen Ausdruck für das Zurückschneiden von Ästen an Obstbäumen.
Der Umbau wird von aktuellen Erfahrungen gespeist und dauert etwa bis zum Alter von 25 Jahren. Durch diese lange Entwicklungszeit kann sich das Gehirn optimal neuen Bedingungen oder Herausforderungen anpassen. Alkohol stört diesen Anpassungsprozess massiv.
Unter Alkoholeinfluss leiten Nervenzellen Informationen nur verzögert weiter. Also reagiert der Mensch langsamer und unkoordinierter – dafür aber risikobereiter. Bei Jugendlichen ist diese Wirkung besonders ausgeprägt, was vermutlich an einer zeitversetzten Entwicklung der Gehirnbereiche liegt.
Als Erstes nämlich reifen im jugendlichen Gehirn die Bereiche nach, die für Bewegung, räumliches Denken und Sprache wichtig sind. In diesen Hirnarealen, dem limbischen System, werden auch die Emotionen verarbeitet und der Belohnungseffekt kreiert – auch der für Alkohol und andere Süchte. Während dieses System schon mit Vollgas unterwegs ist, entwickelt sich der Gegenpol deutlich später. Erst im jungen Erwachsenenalter erhebt der präfrontale Cortex, ein Teil des Großhirns – zuständig für Vernunft, rationales Handeln und überlegtes Planen – Einspruch gegen allzu triebgesteuerte Impulse. So herrscht in früher Jugend der kurzfristige Spaß vor, Risiken werden ausgeblendet. Alkohol regt an, betäubt, enthemmt und befeuert so das Austesten der eigenen Grenzen, fordert Mut und Übermut heraus.
Bereits geringe Alkoholmengen schädigen die Gehirnzellen dauerhaft, jeder Rausch zerstört Millionen davon. Es wird angenommen, dass das jugendliche, im Anpassen gerade gut trainierte Gehirn versucht, die durch Alkohol verursachten Schäden wieder wettzumachen. Es passt die Strukturen schnell an. Mitunter so schnell, dass Jugendliche Alkohol teilweise besser vertragen als Erwachsene. Doch diese Anpassungsvorgänge haben ihren Preis an der Stelle, wo sie eigentlich benötigt würden: Die Jugendlichen bezahlen den Alkoholkonsum mit gebremster Hirnentwicklung.
Im Zuge der Hirnreifung wird um die Nervenfasern eine weiß aussehende Isolationsschicht gebaut, die Myelinscheide. Diese sorgt für eine störungsfreie Weiterleitung der Nervenimpulse.
Das Anpassen, Umbauen und Verfeinern der Verschaltungen hingegen betrifft die sogenannte graue Hirnsubstanz. Durch Rauschtrinken werden weiße und graue Hirnsubstanz gleichermaßen in ihrer Entwicklung gestört.
Forscher haben abstinente und trinkende Jugendliche verschiedenen Tests unterzogen.
Trinkende Jugendliche verfügen über weniger graue und weiße Substanz, ihre Hirnzellen waren weniger stark miteinander vernetzt. Sie reagierten impulsiver, waren weniger lang aufmerksam, lernten schlechter neue Vokabeln. Regelmäßig trinkenden Mädchen und jungen Frauen fiel das räumliche Denken schwerer. Das Belohnungszentrum dagegen war gut geschult und reagierte deutlich auf Alkohol.
Ein intensiver Alkoholkonsum in der Jugend setzt sich nicht selten auch im späteren Erwachsenenalter fort, begleitet von anderen Süchten oder psychischen Störungen. Es gibt also viele Gründe, den Konsum von Alkohol gerade in dieser prägenden Phase nicht zu verharmlosen.
Vorbilder
A und O für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol ist noch immer ein gutes Vorbild. Sonst ist die Antwort auf die elterliche Mahnung zum Alkoholverzicht: „Aber du trinkst doch selbst!“ Der Nachwuchs registriert sehr genau, wie sich die Erziehungsberechtigen verhalten. Seien Sie also ehrlich und glaubwürdig in Ihren eigenen Trinkgewohnheiten. Vereinbaren Sie feste Regeln zum Konsum von Alkohol, die auch für Sie selbst gelten. Und regelmäßige Abstinenzzeiten für alle – einige Tage in der Woche und bewusst immer mal wieder ein oder zwei Monate am Stück. Reden Sie offen und ehrlich mit dem Kind, wenn es angetrunken nach Hause kommt oder sich mit gern trinkenden Freunden umgibt. Erklären Sie, warum ein Vollrausch nicht harmlos ist und häufige Vollräusche erst recht nicht. Und außerdem: Zeigen Sie Ihr Interesse und Ihre Liebe gegenüber den Heranwachsenden, hören Sie zu, nehmen Sie sich Zeit und nehmen Sie die jugendlichen Probleme ernst.
HaLT ist die Abkürzung für Hart am LimiT, einem kommunalen Alkoholpräventionsprogramm. Betroffene Jugendliche und ihre Eltern können auf Soforthilfe zählen, wenn der Nachwuchs alkoholbedingt im Krankenhaus landet. HaLT-Fachkräfte helfen, darüber zu reflektieren, was passiert ist und Strategien für die Zukunft zu erarbeiten. Zudem bietet HaLT Schulungen und Workshops zum Thema Jugendschutz und zum Umgang mit Alkohol an. Auch für Trainer, Lehrer und Verkaufspersonal in der Gastronomie, an 150 Standorten in Deutschland, unter anderem in Dresden und Leipzig. Denn: „Jedes Glas Alkohol, das Jugendliche konsumieren, ist zuerst durch die Hände eines Erwachsenen gegangen“, steht neben Hinweisen und den Standorten in Ihrer Nähe unter: www.halt.de.