Schlafmangel geht auf die Gesundheit

Von Susan Künzel

Guter Schlaf ist essenziell für einen guten Tag – und für die Entwicklung, fürs Lernen, fürs Wachsen, für die Gesundheit. Leider schlafen viele Kinder und Jugendliche nicht gut und nicht genug. Jeder achte 12- bis 17-Jährige leidet unter chronischem Schlafmangel, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Die Folgen sind mehr als ermüdend.

Eltern merken es ihren Kindern schnell an, wenn sie unausgeschlafen sind. Kinderärzte betonen die Bedeutung von Schlaf für das Wohlbefinden und die Gesundheit. In einer aktuellen Stellungnahme der Stiftung Kindergesundheit wie auch diversen Studien wie zum Beispiel in der Deutschen Azubi-Gesundheitsstudie mit über 13.000 Auszubildenden wird es bestätigt: Schlafen ist ungemein wichtig für unsere Heranwachsenden. Bei kleinen Kindern achten Eltern meist darauf, doch bei Teenagern wird der Schlafbedarf oft unterschätzt.

Die Folgen sind nicht nur am folgenden Tag zu spüren:

ZU MÜDE ZUM LERNEN

Ist die Nacht zu kurz, wird der Tag schläfrig. Das Kind kann sich nicht gut konzentrieren und sich weniger merken, weniger gut Probleme lösen oder Entscheidungen treffen. So ist ein Schultag schwer durchzuhalten, und die Leistungen können sinken.

ZU MÜDE FÜR AUSGEGLICHENHEIT

Besonders aufgedreht oder nah am Wasser gebaut, gereizt, fahrig oder aggressiv – für solch überbordende Emotionen kann Schlafmangel die Ursache sein.
Auch der Körper kann überreagieren, man stolpert eher oder das Frühstücksbrot fällt herunter.
Laut der Stiftung Kindergesundheit haben schlafgestörte Menschen ein fünffach höheres Risiko, während eines Jahres einen schweren Unfall in Haushalt, Beruf oder Verkehr zu erleiden als Menschen mit gesundem Schlaf.

ZU MÜDE, SICH ZU ERINNERN

Nachts verarbeitet und sortiert das Gehirn alle Eindrücke und Erfahrungen des Tages und überträgt Wichtiges in das Langzeitgedächtnis. Dadurch stellt sich oftmals ganz von allein am Morgen so manche Problemlösung ein. Bei Schlafmangel dagegen gibt es Erinnerungslücken – für den Test am nächsten Tag wie auch langfristig; statt gelöster Probleme wachsen die Problemberge.

ZU MÜDE, UM GESUND ZU BLEIBEN

Schlaf ist die beste Medizin, sagt der Volksmund. Während wir schlafen, arbeitet das körpereigene Abwehrsystem auf Hochtouren, es sucht und vernichtet infizierte Zellen. Und wie das Gehirn, so überträgt auch das Immunsystem vor allem nachts Informationen ins Langzeitgedächtnis. In den Gedächtniszellen werden über Jahre die charakteristischen Informationen eines Erregers gespeichert. Schlafen wir nicht ausreichend, werden Eindringlinge also schlechter
abgewehrt – akut wie langfristig. Kurzfristig leidet auch die Haut, sie sieht fade oder pickliger aus. Langfristig steigen zudem die Risiken für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit, Depressionen.

ZU MÜDE ZUM WACHSEN

Vor allem im Schlaf produziert der Körper das Wachstumshormon. Es fördert unter anderem das Längenwachstum der Knochen und das Wachstum von Muskeln. Wer in jungen Jahren oft zu wenig oder schlecht schläft, bleibt möglicherweise kleiner, als wenn er ausreichend Schlaf hätte.

ZU MÜDE ZUM SATT-SEIN

Übergewicht und Adipositas wird häufiger bei Kindern beobachtet, die wenig schlafen, resümiert die Stiftung Kindergesundheit aus neueren wissenschaftlichen Untersuchungen. Der Stoffwechsel wird verlangsamt. Dem Gehirn fehlt die Energie, die es aus dem Schlaf gewinnt, also verlangt es nach Nahrung. Zudem wird bei mangelnder Ruhe das Hungerhormon Ghrelin angekurbelt, das schreit nach zuckerhaltigen und fettigen Speisen; dafür wird das Sättigungshormon Leptin gebremst – man überhört die Signale, mit dem Essen aufzuhören. Folglich kann mehr Schlaf zur Normalisierung des Gewichts beitragen.

HÄUFIGSTE SCHLAFKILLER

Handy, Computer, Tablet wandern oftmals mit ins Bett. Insbesondere das blaue Licht der LED-Bildschirme wirkt als Schlafkiller. Es hemmt das Hormon
Melatonin, das die innere Uhr steuert und müde macht. Zu lang beleuchtet, dreht der Körper die innere Uhr zurück, die müde Phase folgt tags drauf in der
Schule. Auch das aufleuchtende Ping ankommender Nachrichten der nicht schlafenden Freunde hält wach. Zudem wirkt die Strahlung der Geräte an sich auf manch sensiblen, jungen Organismus systemfeindlich. Die Deutsche Azubi-Gesundheitsstudie belegt, dass Jugendliche mit hohem Medienkonsum weniger
ausgeruht und leistungsfähig sind, häufiger in der Schule fehlen, weniger und schlechter schlafen und ein geringeres Wohlbefinden haben. Sie bewegen sich
außerdem weniger und nehmen mehr koffeinhaltige Getränke zu sich.

AUFGEWECKT UND AUSGESCHLAFEN

Ein Kind ist ausgeschlafen, wenn es rasch wach wird und sich tagsüber aktiv beschäftigt. Wie viel Schlaf Ihr Kind wirklich braucht, können Sie gut in den Ferien austesten und in einem Schlaftagebuch notieren. Schreiben Sie über zwei Wochen auf, wann das Kind ins Bett geht und wann es morgens von selbst aufwacht. Der Schlafbedarf kann bei jedem Kind anders sein und verringert sich mit den Jahren. Im Durchschnitt brauchen 3- bis 4-Jährige etwa 11,5 Stunden, um den Schuleintritt herum etwa 10,5 Stunden. Innerhalb der Grundschulzeit verringert sich der Bedarf wieder um eine Stunde. Für ausgeschlafene Jugendliche sind noch immer etwa 9 Stunden Schlaf nötig! Das unterschätzen sowohl die Teenager wie auch ihre Eltern, die ihren Sprösslingen immer mehr Freiheiten erlauben. Doch mit dem Verzicht auf Schlaf gewinnt man nicht an Freiheit, man verliert Kraft und Energie. Erst mit 17 bis 18 Jahren pendelt sich dann das Schlafbedürfnis auf täglich 7 bis 8 Stunden ein.

Tipps für guten Schlaf
angelehnt an die Liste der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin DGKJ
  • Abendmahlzeit ein bis zwei Stunden vor dem
    Zubettgehen, leichte Kost, Völlegefühl wie auch
    Hunger vermeiden
  • Keine koffeinhaltigen Getränke, besser Kräutertee
  • Das Zubettgehen sollte positiv besetzt sein,
    darum niemals als Strafe einsetzen
  • Das Bett ist zum Schlafen da, nicht zum Lesen,
    Spielen, Fernsehen, Toben
  • Kein Sport oder Aufregung durch Fernsehen,
    Computerspiele, zu spannende Geschichten
    vorm Schlafengehen
  • Verzicht auf digitale Medien bereits in den letzten zwei bis drei Stunden vor dem Schlafen, Handy immer weg vom Bett
  • Besonders kleinere Kinder brauchen regelmäßige Einschlaf- und Aufstehzeiten, am besten mit Schlafritualen — einem Lied, einer Geschichte oder beruhigender Musik
  • Die Kleinen erst zum Schlafen legen, wenn sie müde sind
  • Eventuell auf Mittagsschlaf verzichten

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