Pflasterpass – was ist das denn?

Von Eva Jobst

Mädchen mit Pflasterpass
Mädchen mit Pflasterpass

„Die Eins – Eins – Zwei ruft den Rettungsdienst herbei“, skandiert die Vorschulgruppe der Kita Froebelzwerge des Jugendsozialwerks Dresden. Vor ihnen, inmitten einer bunten Waldkulisse, sitzt Karsten Olzmann. Er trägt ein Rettungshelferdress und diskutiert mit den Kleinen, was seinem Maskottchen, einem kleinen Igel, beim Lauf durch den Wald so alles passieren kann und was dann zu tun ist.

Pflaster werden geklebt – natürlich ohne die sterile Wundauflage anzufassen, denn die muss unbedingt sauber bleiben. Auch sterile Verbände wickeln sich die Jungen und Mädchen um gerade ausgedachte Verletzungen, das ist gar nicht so einfach. Am Schluss legen sich einige Kinder und eine Erzieherin auf den Boden und spielen „ohnmächtig“. Woran erkennt man, dass sie lebendig sind? Die anderen Kinder sind nun Lebensretter, halten ihr Ohr an deren Münder und spüren, wie der Atem kitzelt. Dann werden die Liegenden in die stabile Seitenlage gerollt. Gemeinsam mit ihrer Erzieherin und ein paar kleinen Tricks schafft sogar die kleine Leia das problemlos. Nach 45 Minuten stellt Karsten Olzmann jedem Kind einen Pflasterpass in Bronze aus.

Die Idee zu diesem Konzept wurde 2008 geboren, als der Gesundheitsexperte Rainer Seiler und der Kommunikationsprofi Frank Liehr sich über die Unfälle ihrer Kinder unterhielten. Angesichts von mehr als einer halben Million Unfälle, in die Kinder bundesweit jährlich verwickelt sind, entwickelten sie die Idee, Erste-Hilfe-Kurse für die Kleinsten und Kleinen anzubieten. Sie holten pädagogische und fachliche Hilfe an Bord. So entstand der „Pflasterpass“, der 2017 Sieger des DEKRA-Award „Sicherheit zu Hause“ wurde. Inzwischen gibt es bundesweit Mitstreiter, die eine Ausbildung gemacht und ein Zertifikat zum Pflasterpass-Referenten erworben haben. Karsten Olzmann ist einer von ihnen. Von Haus aus Schwimmlehrer ist ihm die Arbeit mit Kindern schon lange vertraut. In der von ihm gegründeten Erste-Hilfe-Schule Dresden bietet er in erster Linie die obligatorischen Ersthelfer-Lehrgänge für den Führerschein an. Doch die kindgerechten Räumlichkeiten zeigen: Hier gibt’s auch den Pflasterpass!

KINDERGEBURTSTAG MAL ANDERS

Olzmann besucht nicht nur Kindereinrichtungen und Grundschulen, sondern bietet seine Kurse auch als Highlight von Kindergeburtstagen an, ein- bis zweimal wöchentlich werden die gebucht. Heute kommt Paul, er ist gerade zehn Jahre alt geworden und bringt ein knappes Dutzend Freunde mit. Sein Vater sagt, er habe das Angebot im Internet gefunden. Die Kosten von zehn Euro pro Kind hält er für eine sinnvolle Investition. Aufmerksam lauschen die Kinder den Erklärungen von Karsten Olzmann. Auch sie lernen das Verbinden von Wunden und die stabile Seitenlage. Außerdem üben sie an einem Dummy das Beatmen und erfahren, wofür das so wichtig ist. Und weil ihre Lehrstunde viel umfänglicher war als die bei den Kleinen in der Kita, erhalten sie ihren Pflasterpass sogar in Gold!

Die Initiatoren hoffen, dass der Pflasterpass eines Tages die gleiche Bekanntheit erlangen wird wie das Seepferdchen. Und: dass er Eingang ins Präventionsgesetz findet und die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Denn wenn man schon als Kind etwas über Erste Hilfe lernt und immer wieder vertieft, geht dieses Wissen nicht mehr verloren.

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