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Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Atemwegserkrankungen. Meist tritt er gehäuft in Herbst und Winter auf – üblicherweise zwischen Oktober und März. RSV-Infektionen können als leichte Atemwegsinfektion, aber auch als schwere Erkrankung der unteren Atemwege verlaufen, vor allem bei Säuglingen.
Die Viren gehören zu den klassischen Erkältungsviren, von denen es übrigens etwa 200 gibt. RS-Viren werden hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion übertragen, vor allem beim Husten oder Niesen, ähnlich wie bei der Grippe kommt es im Januar und Februar zu den meisten Erkrankungen. Seit ein paar Jahren stehen die RS-Viren besonders im Fokus, da sie die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte von Säuglingen sind. Nach dem ersten Lebensjahr rufen die Viren meist nur eine harmlose Erkältung hervor.
„Das Gefährliche an den Viren ist, dass sie relativ ansteckend sind und bei kleinen Säuglingen den Sauerstoffaustausch in den tiefen Atemwegen stören“, sagt die Leipziger Kinderärztin Dr. Melanie Ahaus. Sie ist Pressesprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) Sachsen und hat in ihrer Praxis schon viele kleine Patienten mit einer RSV-Infektion behandelt. So auch die kleine Alina1. Ihr drei Jahre älterer Bruder brachte das Virus aus dem Kindergarten mit, als Alina erst vier Monate alt war. Sie war so schwer erkrankt, dass sie über Weihnachten zehn Tage im Krankenhaus behandelt und auch künstlich beatmet werden musste. „Die Kinder bekommen massive Atemprobleme. Durch die Viren verkleben die kleinen Atemwege, und das Kind hat Schwierigkeiten, Sauerstoff zu bekommen. Es muss mehr atmen, um das auszugleichen, und das ist für so einen kleinen Säugling fast nicht zu schaffen. Das Kind muss dann ganz schnell Sauerstoff bekommen“, erklärt Dr. Melanie Ahaus.
Für extreme Frühgeborene und Säuglinge mit chronischen Erkrankungen, schweren Herzfehlern oder Trisomie 21 waren RS-Viren schon immer eine Gefahr. Deshalb wurden die kleinen Risikopatienten schon seit Längerem mit einer passiven Impfung geschützt. „Bisher waren diese Antikörper nur vier Wochen haltbar. Das heißt, die Risikokinder mussten in der Saison monatlich geimpft werden“, berichtet Dr. Melanie Ahaus. Doch das hat sich inzwischen geändert.
Seit Herbst 2024 gibt es die Möglichkeit, auch gesunde Säuglinge mit einer Impfung zu schützen. Dafür werden Antikörper, also Abwehrstoffe, gespritzt, die vor der gefährlichen Infektion schützen sollen. Der Schutz wirkt direkt nach der Impfung, sobald die Antikörper im Blut sind. Er hält dann für fünf bis sechs Monate an. Der Zeitpunkt der Impfung hängt davon ab, wann die Kinder geboren werden. Säuglinge, die zwischen April und September zur Welt kommen, sollten die Impfung zwischen September und November erhalten. Alle Neugeborenen, die während der Hauptsaison der Viren geboren werden, bekommen die passive Immunisierung schon wenige Tage nach der Entbindung.
Das Risiko für schwere Verläufe wird durch Antikörpergabe deutlich verringert. Von 1000 Säuglingen unter acht Monaten müssen mit einer Impfung nur sieben Kinder im Krankenhaus behandelt werden, ohne Impfung sind es 35 Kinder2.
Inzwischen gehört die Immunprophylaxe auch bei gesunden Säuglingen zum Standard. „Das ging ein bisschen holprig los, weil nicht genug Impfstoff da war, aber inzwischen hat sich das gut reguliert. Viele Kinder, die mit vier Wochen zu uns zur U3 kommen, kamen schon geimpft aus der Geburtsklinik. Ansonsten machen wir das hier,“ erzählt die Kinderärztin.
Da es die Impfung bereits seit über 20 Jahren gibt, sind auch mögliche Nebenwirkungen bestens bekannt. „Das ist eine Spritze in den Oberschenkelmuskel, das tut natürlich etwas weh. Das kann sich auch mal ein bisschen entzünden und anschwellen, aber die Lokalreaktionen sind selten und auch gut zu behandeln“, weiß Dr. Ahaus aus ihrer Erfahrung.
Und auch für Schwangere gibt es inzwischen die Möglichkeit, sich vor der Geburt impfen zu lassen. Die Antikörper werden dann im Mutterleib gebildet und an das Kind weitergegeben. Die Impfung sollte jedoch spätestens zwei Wochen vor der Geburt erfolgen, damit noch genug Zeit ist, dass sich die Antikörper bilden und auf das Kind übertragen werden können. Ist der Abstand zur Geburt geringer, ist die Impfung unwirksam.
Dass die gefährlichen RS-Viren inzwischen stärker ins Bewusstsein gerückt sind, liegt auch an der Zeit der Corona-Infektionen. „Ich erinnere mich an den Winter 2022/23, wo wir eine unfassbar hohe Zahl an kranken Kindern hatten. Da haben wir einen Nachholeffekt vermutet. Weil die Kinder im Lockdown lange abgeschirmt waren von anderen Infektionskrankheiten, konnte sich kein passendes Immunsystem aufbauen, da hat das RS-Virus auch eine sehr große Rolle gespielt. In dem Winter hatten wir auch sehr viele gesunde Säuglinge und gesunde größere Kinder, die deswegen ins Krankenhaus mussten,“ erinnert sich Kinderärztin Dr. Ahaus. Die Saison 2024/25 verläuft bisher ruhig, was sicher auch an den neu verfügbaren Impfungen und dem gestiegenen Bewusstsein liegt.
Wann ein Kind krank ist, ist nicht immer leicht zu beurteilen. „Ich sage den Eltern immer: In dem Moment, wo Sie sich mit Ihrem Bauchgefühl Sorgen machen, sollte man zum Arzt gehen. Dieses Gefühl ‚Hier stimmt was nicht‘, sollte man unbedingt ernst nehmen“, sagt Dr. Ahaus. Wenn sich das Fieber über zwei, drei Tage nicht senken lässt, wenn das Kind apathisch wird, nicht trinkt, schwer atmet und auch den Bauch als Atemhilfsmuskulatur mit einsetzt, das sollte einem Sorgen machen, lautet der Tipp der Kinderärztin. Handelt es sich dann wirklich um eine RSV-Infektion, lässt sich der Verdacht von geübten Kinderärztinnen oft schon beim Abhören der charakteristischen Atemgeräusche bestätigen. Ein Abstrich gibt letzte Gewissheit.
1Name von der Redaktion geändert
2Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung