Ohne Handy bis 14?

Von Anna Strigina

„Wait until 8th“ hat sich das auf die Fahne geschrieben

Ohne Handy

Wer weiß schon, dass die Kinder von Bill und Melinda Gates oder anderen Größen der Tech-Branche erst mit 13 oder 14 Jahren ein eigenes Smartphone bekamen oder bekommen? Und für Chris Anderson, den ehemaligen Chef der bedeutenden amerikanischen Computerzeitschrift „Wired“, ist das sogar oberstes Gebot bei den eigenen Kindern. Merkwürdig. Oder doch nicht? Anscheinend wissen sie sehr genau um die vielfältigen gesundheitlichen, sozialen oder psychischen Gefahren. „Wait until 8th“ ist das Motto einer großen amerikanischen Elterninitiative. Die Kinderstube hat die 14-jährige Anna gebeten, uns ihre Gedanken dazu zu schildern.

Das erste Mal, als ich den Satz „Wait until 8th“ von meiner Oma hörte, fand ich ihn total abgefahren und übertrieben. Wie kann man denn bis zur 8. Klasse ohne Handy leben? Doch nachdem ich über meine eigenen Erfahrungen nachgedacht hatte, fand ich das gar nicht so abwegig. Folgendes ist mir dabei durch den Kopf gegangen.

PROBLEM: STÄNDIGE VERFÜHRUNG

Mein erstes Telefon war ein einfaches Tastenhandy. Ich bekam es am Ende der 3. Klasse, denn ich fuhr von da an allein quer durch die Stadt zur Schule. Ich musste erreichbar sein. Bis auf ein paar Spiele auf dem Telefon, die bald langweilig wurden, spielte das Handy keine große Rolle.
Ende der 4. Klasse bekam ich mein erstes Smartphone. Ich lud mir Apps wie Snapchat und Tik Tok herunter. Viele meiner Freunde hatten die schon. Schnell verbrachte ich immer mehr Zeit auf Social Media, weswegen ich kaum Zeit zum Spielen oder Lernen hatte. Je mehr Zeit ich am Handy verbrachte, desto weniger Motivation hatte ich, etwas anderes zu machen. Dieses Sich-nicht-aufraffen-Können war ein langanhaltendes Gefühl, das nicht wegging. Ich lebte vorwiegend in der virtuellen Welt und wurde verschlossener. Ich verschlechterte mich in der Schule und fing an, mich mit den falschen Leuten anzufreunden.

PROBLEM: UNREALISTISCHE SCHÖNHEITSIDEALE

Für mich schienen sie zu dem Zeitpunkt aber realistisch. Ich kaufte mir ähnliche Klamotten wie ich sie im Internet sah. Ich hoffte, dann genauso aussehen und cool wirken zu können. Auf Instagram gab es unter vielen Posts von bekannten, aber auch von unbekannten Leuten viele Bodyshaming-Kommentare für mich zu lesen. Ich selbst hatte nie das Problem, nicht dünn oder nicht dick genug zu sein, ein paar von meinen Freunden aber schon. Eine Freundin entwickelte sogar eine Essstörung, weil ihr oft falsche Sachen eingeredet wurden. Ich hätte nie gedacht, dass diese ,,harmlosen Apps‘‘ einen so weit treiben können. Es kann dich mehr runterziehen, als du glaubst. In dem Alter lässt man sich leicht beeinflussen.

PROBLEM: FRAGWÜRDIGE FREUNDE

Man sehnt sich nach Aufmerksamkeit und Akzeptanz. Mir schmeichelten die vielen netten Social-Media-Kommentare, auch von teilweise Fremden. Man ist naiv und fühlt sich dadurch direkt schöner, gewollter, weil man sowas in der Schule zum Beispiel nie zu hören bekommt.
Außerdem ist einem mit 11 oder auch 13 Jahren nicht bewusst, dass sich hinter einem unschuldigen, kindlichen Profil oft falsche Personen mit unguten Absichten verstecken. Letztlich weiß man nie genau, mit wem man schreibt. Es kann so weit kommen, dass man sich bei dieser Person so sicher fühlt, dass man ihr private Daten und Bilder schickt (so weit kam es bei mir zum Glück nicht). Es gibt so viele Verführungen, die gefährlich sind. Ich rede aus Erfahrung. Social Media ist nicht so harmlos, wie man am Anfang glauben möchte, also passt auf euch auf!

WAS ICH NOCH SAGEN WILL

Meiner Meinung nach lohnt sich ein Verbot bezüglich Social Media nicht, da es immer noch genug Möglichkeiten gibt, es zu umgehen. Sowohl die Erwachsenen als auch die Kinder müssen aber gut informiert sein. Und dazu trägt „Wait until 8th“ ganz bestimmt bei.

Wait until 8th
Elterninitiative
Schule Bildung Zukunft
www.elterninitiativeschule-bildungzukunft.de

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