Leichter Lernen mit Düften
Vokabeln, Matheformeln, ein Gedicht – für die Schule muss ständig gelernt werden. Mit Aromaölen kann man nicht nur eine positive Lernatmosphäre schaffen, sondern sogar die Merkfähigkeit verbessern. Doch welche Düfte […]
Der Klimawandel ist die größte globale Gesundheitsbedrohung des 21. Jahrhunderts. Im Interview spricht Professor Matthias Knüpfer darüber, wie sich die Veränderungen auf Schwangere, Ungeborene und Kinder auswirken. Professor Knüpfer ist Oberarzt auf der Frühchenintensivstation am Uniklinikum Leipzig und hat die Leipziger Gruppe „Health for Future“ mitgegründet.
Ich mache mir Sorgen, dass wir das Thema nicht ernst genug nehmen. Als Kinderarzt ist man ja in der Verantwortung, ganz besonders für die Zukunft der Patientinnen und Patienten, die man betreut. Sie sollen auch morgen noch in einer Umgebung leben, in der sie gesund bleiben können. Und in diesem Zusammenhang haben wir drei Verbindungen zwischen der Gesundheit und dem Klimawandel.
Zunächst ist das Gesundheitswesen ein Teil des Problems. Wir produzieren mit unserer Arbeit rund fünf bis neun Prozent der CO₂-Äquivalente, also Treibhausgase, in Deutschland. Das ist pro Kopf berechnet Weltspitze. Wir haben die Aufgabe, uns darum zu kümmern, dass wir bei gleicher Behandlungsqualität mehr Nachhaltigkeit in die Krankenhäuser und das gesamte Gesundheitssystem bringen. Zweiter Punkt: Wir wissen, dass der Klimawandel die Gesundheit der Menschen bedroht, unter anderem durch Hitze und die Verschmutzung von Boden, Luft und Wasser. Infektionen werden nach Europa kommen – die wir so bisher nicht kannten. Und drittens, es wird zu mehr Migrationen kommen, weil es an vielen Stellen der Erde so warm wird, dass die Menschen dort nicht mehr leben können. Dann kommen Menschen zu uns, die Gesundheitsvorsorge und Therapien brauchen, und das wird unser Gesundheitssystem aushalten müssen.
Man weiß gut, dass diese Belastungen vor allem die Schwachen der Gesellschaft treffen. Chronisch Kranke, alte Menschen und eben Kinder sind ganz besonders in Gefahr. Deshalb sind wahrscheinlich auch die Kinderärzte mit dabei, wenn es darum geht, dem Klimawandel den Kampf anzusagen.
Die Menge an Studien zum Thema Klimawandel und Gesundheit ist schon fast nicht mehr überschaubar. Ein paar Beispiele: In Kanada und Australien sind große Studien mit über 700.000 Geburten gemacht worden. Man konnte zeigen, dass es mehr Frühgeburten gibt, Kinder mit geringerem Geburtsgewicht geboren werden, und dass es auch mehr Totgeburten gibt, wenn Frauen in der frühen Schwangerschaft einer großen Hitze über dreißig Grad ausgesetzt waren. Eine derartige Hitzeexposition in der sehr sensiblen Phase der ersten acht bis neun Wochen der Schwangerschaft ist offenbar problematisch. Wenn Schwangere in dieser Phase, der sogenannten Embryonalperiode, sehr großer Hitze ausgesetzt sind, steigt beim Embryo das Risiko für angeborene Herzfehler und offene Rücken, also Neuralrohrdefekte. Die Daten zeigen, dass hier wirklich Dinge passieren, die eine Gefahr für die Ungeborenen darstellen.
Das weiß man nicht so genau, da es für diese Region meines Wissens keine solchen ausführlichen Studien gibt. Zudem ist es natürlich so, dass Menschen, die schon immer in Regionen mit höheren Durchschnittstemperaturen leben, an diese Temperaturen adaptiert sind. In gemäßigten Regionen wie Europa könnten einfach die Anpassungsmechanismen zu langsam sein. Mich hat auch mal jemand gefragt, ob wir das schon sehen, dass wir hier mehr Frühgeborene in Hitzephasen haben. Für das Erkennen von solchen Zusammenhängen muss man sehr viele Schwangerschaften auswerten. Wir haben ungefähr 2.600 Geburten im Jahr, diese Zahlen sind zu klein, um diese Veränderungen zu sehen.
Dass Luftverschmutzung ein Risikofaktor für Asthma bei Kindern und Jugendlichen ist, das ist schon sehr lange bekannt. Wir wissen, dass der Klimawandel zu einer Verschärfung der Verschmutzung, nicht nur der Luft, sondern auch des Wassers und des Bodens führt. In der renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet gibt es eine Arbeitsgruppe, die die Mechanismen des Klimawandels und der Bedrohung der Menschen erforschen. Eine Arbeit von Richard Fuller hat gezeigt, dass es auf der Welt aktuell aufgrund zunehmender Verschmutzung unserer Umwelt neun Millionen zusätzliche Todesfälle pro Jahr gibt. Die Beziehung von Luftverschmutzung und Atemwegserkrankungen ist nicht wegzureden. Zudem werden Pollenallergien weiter zunehmen – ganz einfach deshalb, weil es wärmer wird, und die Menge der Pollen und die Zeit der Exposition aufgrund der längeren Vegetationsperiode zunehmen. Es gibt aktuelle Studien aus der Schweiz, die klar zeigen, dass das Risiko für Pollenallergiker im Verlauf der Jahre weiter gestiegen ist. Natürlich hat das viele Gründe – zum Beispiel steht auch die Verkehrsdichte damit in Zusammenhang –, aber der Klimawandel ist einer davon.
Dieses Risiko besteht definitiv. Man weiß sehr genau, dass die Ausbreitung und Vermehrung von sogenannten Vektoren, also Überträgern von Krankheitserregern, Mücken zum Beispiel, an ein bestimmtes Temperaturprofil gebunden ist. Auch die direkte Vermehrung von Malariaerregern benötigt eine Mindesttemperatur: Hier dürfen fünfzehn bis zwanzig Grad in der Nacht nicht unterschritten werden. Und wenn man sich anschaut, wie die Entwicklung weitergeht für Europa, dann muss man damit rechnen, dass wir irgendwann ein Malariaproblem bekommen. Wir werden zunehmend Fälle von speziellen Viruserkrankungen sehen, zum Beispiel das Dengue- oder West-Nil-Fieber, Erkrankungen, die wir bisher in Europa noch gar nicht kannten. Auch hier sind Kinder wieder besonders stark gefährdet.
Meine Motivation ist die Überzeugung, dass man angesichts der Veränderungen tätig werden muss. Was jetzt hier passiert, wissen wir ja eigentlich schon seit den 70er‑Jahren des letzten Jahrhunderts, als der Club of Rome dazu Stellung genommen hat. Doch politisch ist lange nichts passiert. Erst mit Greta Thunberg und Fridays for Future kam der Stein ins Rollen. Und auf der Grundlage dieser Idee haben wir beschlossen, hier in Leipzig eine „Health for Future“-Gruppe zu gründen, mit Ärzten, Pflegenden und Medizinstudierenden. Am Anfang waren wir am Klinikum nur zu dritt, heute haben wir ungefähr zwanzig aktive Mitglieder.
Ich finde, dass wir diese Gruppe haben, ist schon riesig. Wir freuen uns, dass der Klinikvorstand uns unterstützt. Wir haben die Grundidee, mehr Nachhaltigkeit am Klinikum zu erreichen, in den Leitsätzen des Uniklinikums verankern können. Wir haben uns für das Energiesparen stark gemacht, für Beleuchtungsreduktion in der Nacht, für das Herunterfahren von Computern, wenn sie nicht gebraucht werden. Angesichts der aktuellen Energiepreise haben unsere Aktivitäten natürlich noch viel mehr Aufmerksamkeit erfahren. Das ist gut so. Wir haben versucht, Papierausdrucke zu minimieren, eine elektronische Patientenakte ohne Papier unterstützt, und wenn schon Druck, dann sollte übergreifend für das gesamte Klinikum nur Recyclingpapier benutzt werden. Wir haben uns auch sehr um die Veränderung der Speiseversorgung bemüht: mehr regionales Essen, weniger Fleisch. Besseres Essen kommt natürlich auch den Patienten zugute. Ganz wichtig ist uns die Information über die Veränderungen, die Ausbildung der Studierenden. Jetzt im Wintersemester konnten wir ein spezielles Klima-Wahlfach anbieten, das lief sehr gut. Man kann sagen: Viele Dinge, die wir anstreben, kann man einfach umsetzen, die kosten wenig und tun niemandem weh.
Das ist ja schon fast eine Verleugnung der eigenen Identität. Man sollte sich selbst so wichtig nehmen, dass man immer davon ausgeht, etwas bewirken zu können. Und dann sollte man sich von seinem Egoismus verabschieden und sagen: Ich ganz persönlich kann Verantwortung übernehmen. Ich versuche, meinen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten, mit vielen kleinen Entscheidungen. Und ich werde meinen Handabdruck setzen. Ich werde dafür werben, dass wir die Zukunft unserer Kinder schützen und dass wir diese Erde bewahren. Damit die Generationen, die nach uns kommen, noch hier leben können. Und da kann jeder mit vielen kleinen Schritten beitragen. Denn viele kleine Schritte werden zu einem großen.