Vom Hören und Lauschen – Das Entdecken von Klangwelten

Von Ingrid Exo

Unsere Welt ist lärmend und laut, da fällt es gar nicht so leicht, das Lauschen zu lernen. Aber es lohnt sich, die Welt einmal mit den Ohren zu erkunden. Wir stellen zwei ganz unterschiedliche Inspirationen vor, für kleine wie für große Lauscher.

herzerwärmend und einladend

Unscheinbare Alltagshelden, die das Zauberhafte der Welt bewahren und verschenken, wachsen einem im Nu ans Herz. So einer ist der Geräuschehändler.

Selbst vor Langeweile ermüdeten Straßenlaternen kann mit Geräuschen vorbeifahrender Autos (und einer Messerspitze Martinshorn) geholfen werden. Und vielleicht können nicht nur Zirkusdirektoren ohne Kapelle, sondern wir alle in trüben Momenten mal eine Dose Trommelwirbel und zwei Flaschen Tusch gebrauchen.

Im Buch vom Geräuschehändler gibt es für jeden Wochentag eine Geschichte, und jede einzelne beginnt so: In einer Straße in dieser Stadt steht ein Haus, das dir bestimmt noch nicht aufgefallen ist, denn es sieht ganz gewöhnlich aus. Es hat drei Stockwerke und ist grün gestrichen. Hier hat der Geräuschehändler seinen Laden …

klangvielfalt für jede lebenslage

Am Mittwoch kommt ein Gespenst, ein Trauerkloß am Donnerstag. Und allen kann geholfen werden. Der Trauerkloß kommt wegen der Feier, zu der seine Schwester, die Heulsuse, eingeladen hat. Ihn macht ein Tütchen Kichererbsen glücklich, damit wird er angemessen auf die Witze des Scherzkekses reagieren können, der ebenfalls eingeladen ist. Besprüht mit „Hochansteckendem“ aus dem Zerstäuber gluckst, japst und gurgelt, quiekt und prustet es überall, bis auch der Trauerkloß sich vor Lachen kugelt.

Und am Sonntag dann geschieht auch für den Geräuschehändler ein Wunder, das ihn auf eine große Welt-Geräusche-Reise führt.

Das Buch von Kathrin Rohmann ist einfach hinreißend und von Jule Wellerdiek wunderbar illustriert. Alle Figuren und Begegnungen sind liebenswert verschroben und im besten Sinn fantastisch. In diesen kleinen, schnauzbärtigen Geräuschehändler ist man am Ende ganz verliebt!

eine reise zu den akustischen wundern unserer erde

Ganz anders und auf seine Art ebenso ein absolutes Highlight bei der Entdeckung des Hörens ist der Atlas der ungewöhnlichen Klänge – eine Verbindung aus „wissenschaftlichen Fakten mit eigener Sinneswahrnehmung.“

Die Abenteuerreise der beiden Autoren führte an vierzig Orte mit ungewöhnlichen Klangerlebnissen. Singender Sand kommt ebenso zu seinem Recht wie der Klang des Eises.

Und auch Fische sind nicht so stumm, wie man ihnen nachsagt. Die Balzgesänge des Krötenfisches, erfährt man, wurden schon mit einem Raum voller Oboen, dem Dröhnen eines Flugzeugs vom Typ B 52 oder ins Wasser geworfenen Elektrorasierern verglichen. Jedes der 36 Kapitel kann mit vergleichbar Anekdotischem aufwarten. Sie sind einerseits so anspruchsvoll, dass sie am ehesten für sehr wissbegierige und aufgeschlossene, vielleicht sogar ein wenig nerdige Jugendliche infrage kommen. Andererseits sind die Kapitel auch immer nur wenige Seiten lang, sodass sie keine Überforderung darstellen. Sie bieten dadurch außerdem ein abwechslungsreiches Panorama der Klangwelten, das für jede Vorliebe etwas Ansprechendes bereithält.

Als Ausblick auf die Erlebnisse, die neugierig gewordene und schon geübtere Lauschende erwartet, ist dieses Buch wirklich eine Empfehlung!