Heilkraft aus der Küche
Weißes Gold, Gold der Bienen, flüssiges Gold des Südens … mit dem Wertvollsten werden sie in Verbindung gebracht – bestimmte, scheinbar ganz profane Lebensmittel. Und in fast jedem Haushalt sind […]
Wer Stress hat, hat häufig ein anderes Essverhalten als sonst. Manche bekommen gar nichts herunter, andere wiederum werden zu sogenannten Stress-Essern. Letztere greifen vorzugsweise zu fetten und zuckerreichen Lebensmitteln. Besonders anfällig dafür sind Jugendliche. Eine entscheidende Rolle spielt das Stresshormon Cortisol.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, lautet ein altes Sprichwort. Soll heißen: Was in der Kindheit nicht oder falsch erlernt wird, lässt sich gar nicht oder nur sehr schwer wieder verändern. Eines dieser Muster ist das Essverhalten. Wachsen Kinder mit zucker- und fettreichen Nahrungsmitteln auf, weil diese in der Familie wie selbstverständlich zu jeder Mahlzeit auf dem Tisch stehen, werden diese Kinder es später als Jugendliche oder Erwachsene extrem schwer haben, ihre Gewohnheiten zu ändern.
Denn dass Zucker und Fett im Übermaß ungesund sind, ist inzwischen allgemein bekannt. Doch den Schritt zu gehen, den Konsum zu reduzieren oder gar zeitweise völlig darauf zu verzichten, wird für diese Menschen ein unvergleichlicher Kraftakt.
Das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie untersuchte in einer großen Studie genau diesen Zusammenhang. Dabei analysierten die Wissenschaftler Daten einer europäischen Studie, welche in acht Ländern mit insgesamt 16.230 Kindern durchgeführt wurde. Die Datenerhebung begann 2007 mit Kindern zwischen zwei und neun Jahren. Bis 2021 wurden diese Kinder und ihr Essverhalten als Teenager oder junge Erwachsene weiter untersucht.
Essen erfüllt oft noch ganz andere Bedürfnisse als das bloßer Nahrungsaufnahme. Nicht selten soll es Trost spenden, wenn es einem nicht gut geht oder auch fehlende Anerkennung kompensieren. Essen kann Glückshormone aktivieren und Stress reduzieren. Wer aber von klein auf negative Emotionen mit Essen reguliert, wird besonders im Teenie-Alter massive Probleme bekommen.
Hilfreich ist, erst einmal zu verstehen, was im Körper bei Stress passiert. Bei Stress werden vermehrt die Hormone Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet. Das ist evolutionsbiologisch auch sinnvoll. Wer beim Anblick des Säbelzahntigers am schnellsten rennen kann, hat einen gewissen Vorteil im Leben und bessere Chancen, seine Gene erfolgreich weiterzugeben. Bei Gefahr mobilisieren die Stresshormone unsere Energiereserven, um Körper und Gehirn schnell Glukose zur Verfügung zu stellen. So steigen Konzentration und körperliche Leistungsfähigkeit. Auch ein erhöhtes Hungergefühl kann damit einhergehen.
Ist die Gefahr vorbei, pendelt sich das hormonelle Geschehen wieder auf ein Normalmaß ein. Heute laufen vielen Menschen – auch vielen Kindern – in Form von Schulstress, Mobbing, Ärger mit den Eltern oder Freunden andauernd „Säbelzahntiger“ über den Weg. So sind sie im Dauerstress, und das Cortisol wird nicht mehr ausreichend herunterreguliert, es wird dominant. Diese Dominanz hat zahlreiche Folgen. Eine davon ist das besagte gesteigerte Hungergefühl.
Mit dem Verlangen nach hochkalorischen Lebensmitteln – heute in Form von Schokolade oder Chips – fällt uns das evolutionäre Erbe auf die Füße. Hinzu kommt: Wurde mit diesen Lebensmitteln früh ein Belohnungseffekt abgespeichert, sind sie nicht nur Energie- sondern auch Glücksspender. Sie stimulieren zusätzlich die Dopaminausschüttung. Damit liefert das Stressessen nicht nur den schnellen Kraftkick, sondern zudem noch Trost oder Belohnungsgefühl.
Wer generell weniger gut mit seinen Emotionen umgehen kann, hat häufiger Stress. Wer häufiger Stress hat, reagiert öfter impulsiv. Wer impulsiv reagiert, nimmt seinen Körper weniger wahr. Denn normalerweise verfügt ein gesunder Körper über eigene Essbremsen, die einen davon abhalten, zu viel, zu häufig, zu fettreich, zu süß, kurz: zu ungesund zu essen. Diese Bremsen sind die Hormone Leptin und Insulin. Stressesser aber nehmen die Ausschüttung dieser Hormone im Körper nicht wahr, sie überhören diese Signale.
Die Folge: Das Diabetes- und Adipositasrisiko steigt, der Körper gerät aus dem Gleichgewicht, denn Stressessern fehlen meist auch Mineralien und Vitamine.
Gerade Teenager sind besonders anfällig für diesen Teufelskreis, befinden sie sich doch generell wegen vieler körperlicher Umbauprozesse in ständigem Auf und Ab der Gefühle. Die Amplituden der Emotionen schlagen weiter aus als bei Erwachsenen oder Kindern, kurz gesagt: Teenager sind radikaler – auch im Essverhalten.
Daher ist es besonders für sie wichtig, rechtzeitig gute und gesunde Strategien gegen Heißhungerattacken zu erlernen und in den Alltag zu integrieren.