
Quarkwickel - kühlend oder wärmend
War der Strandtag doch zu lang und die sonnenverbrannte Haut schmerzt? Ist der quirlige Nachwuchs hingepurzelt und das Knie ist dick? Oder tut der Hals weh? Schon Oma empfahl dann […]
Die Abkürzung CMV steht für das Zytomegalievirus, das zur Familie der Herpesviren gehört. Das Windpockenvirus oder den Lippenherpes kennt jeder. Fast unbekannt dagegen ist das Zytomegalievirus. Dabei haben etwa 50 Prozent der Bevölkerung irgendwann eine Infektion durchgemacht, allerdings ohne es zu bemerken. Das Virus ruft in der Regel keine oder nur milde Symptome hervor. Das Problem: Wenn sich eine Schwangere damit infiziert, kann die Infektion auf das Ungeborene übergehen, manchmal mit schwerwiegenden Folgen.
„Sie sind frisch infiziert.“ Als Julia Burkhardt 36 Jahre alt und das zweite Mal schwanger ist, bietet ihre Ärztin ihr verschiedene Tests an. „Ich habe bei jedem Vorschlag genickt, ohne im Detail zu wissen, was sich jetzt genau dahinter verbirgt.“ Dann kam ein Anruf der Gynäkologin: „Die Laborergebnisse sind da. Sie sind frisch mit CMV infiziert – dem Zytomegalievirus.“ „Zyto – was?“ hört sie sich noch sagen; von diesem Virus hatte sie noch nie gehört. „Ich war mega vor den Kopf gestoßen, und die ganze Vorfreude war sofort dahin.“ „Zytomegalievirus“ sagt die Gynäkologin und fügt hinzu: „Bitte googeln Sie jetzt nicht. Kommen Sie in meiner Praxis vorbei, und wir überlegen gemeinsam, was wir tun.“
„Aber was macht man nach so einem Anruf?“ Julia Burkhardt lacht. „Googeln!“
Doch was sie da liest, macht ihr Angst. Ihr Kind könnte zu früh geboren werden oder beeinträchtigt zur Welt kommen, Verkalkungen im Gehirn seien möglich, das Gehör wäre eventuell geschädigt, in seltenen Fällen gar könnte das Ungeborene im Mutterleib sterben.
Immerhin kommen in Deutschland jedes Jahr rund 4000 mit CMV infizierte Kinder zur Welt, das sind weit mehr als zum Beispiel bei Toxoplasmose oder Röteln mit circa zwei oder drei Handvoll von Fällen pro Jahr.
„Ich war schockiert, dass man so wenig Informationen dazu findet,“ sagt Julia Burkhardt und ergänzt: „Ich war natürlich völlig panisch.“
Genau diese Panik möchte sie anderen Schwangeren ersparen. „Als betroffene Mutter bin ich zur Initiatorin geworden.“ Sie gründet ein Netzwerk namens Stark gegen CMV, welches eine Vielzahl an Zahlen, Fakten und Einordnungen zum Thema bündelt. „Mein Lieblingssatz auf unserer Website ist: ‚Wir möchten, dass sich das Wissen über das Virus schneller verbreitet als das Virus selbst.‘“
Doch erst einmal hieß es für die 36-Jährige, selbst Informationen zu sammeln. In Tübingen traf sie Professor Oliver Kagan, er gilt als Experte für CMV und pränatale Medizin. Sein Satz ist Julia Burkhardt bis heute deutlich im Gedächtnis: „Wir sprechen von einem Risiko und nicht von Beeinträchtigungen. Jetzt warten wir erst einmal ab.“
Abwarten hieß in diesem Falle, auf die 21. Schwangerschaftswoche warten. Erst dann kann man eine Fruchtwasseruntersuchung machen, die zeigt, ob auch der Embryo infiziert ist. Bislang war die Infektion ja nur bei Julia Burkhardt selbst nachgewiesen worden.
Angesichts dessen, dass der Test der Gynäkologin eine frische Infektion anzeigte, stellt sich natürlich die Frage: Wie kommt es überhaupt zur Infektion?
Bei der Übertragung des Zytomegalievirus handelt es sich um eine Tröpfcheninfektion. Das heißt, liest man beim Robert Koch-Institut: „Das Virus kann in Tränenflüssigkeit, Speichel, Urin, Genitalsekret sowie Muttermilch und Blut enthalten sein. Somit kann das Virus bei Kontakt mit infektiösen Körperflüssigkeiten, z. B. durch Stillen, Küssen, Sexualkontakte, aber auch durch Blutprodukte und Organtransplantate übertragen werden.“
Wurde Julia Burkhardt über ihren kleinen Sohn angesteckt? Gerade Kleinkinder zeichnen sich durch eine hohe Viruslast aus – sie übertragen die Viren über ihren Speichel (Achtung, niemals den Schnuller des Kindes ablecken und das Kind möglichst nicht auf den Mund küssen!), über Stuhl und Urin (vor und nach dem Windeln gründlich die Hände waschen oder Handschuhe anziehen). Aber es ist auch möglich, dass sie über ihren Mann angesteckt wurde. Es bringt auch nicht viel, lange darüber nachzudenken. Geschehen ist geschehen.
Hätte sie allerdings geahnt, wie gefährlich das CMV ist und wie einfach man sich schützen kann – sie hätte sofort jede Vorsichtsmaßnahme ergriffen … Gründliche Handhygiene zum Beispiel ist eine effektive Maßnahme, um eine Übertragung zu verhindern.
Nicht zuletzt wegen des CMV dürfen schwangere Erzieherinnen ohne den Nachweis einer Immunität bestimmte Tätigkeiten im Umgang mit Kleinkindern nicht ausführen, denn beim Windeln, den Toilettengängen, ja selbst beim Tränentrocknen ist für sie das Infektionsrisiko zu groß.
So lautete das Testergebnis in der 21. Schwangerschaftswoche. „Diese Nachricht hat mir dann endgültig den Boden unter den Füßen weggerissen.“ Alles, was Julia Burkhardt vorher über motorische und geistige Einschränkungen, Verkalkung im Gehirn, Taubheit oder gar Tod im Mutterleib gelesen hatte, war plötzlich wieder präsent.
Es erfolgte zunächst ein Versuch mit einer Therapie, die heute nicht mehr angewandt wird, weil sich ihr Nutzen nicht nachweisen ließ.
Im Anschluss wurde sie medikamentös behandelt, wodurch bei ihr die Viruslast gemindert wurde, in der Hoffnung, dass das Medikament die Plazentaschranke überwinden und somit auch die Viruslast beim Fötus gesenkt würde. Valaciclovir heißt das Medikament, das seinerseits freilich auch Nebenwirkungen hat.
Doch es scheint zu funktionieren. In der 30. Schwangerschaftswoche wird ein MRT gemacht. Es gibt keine Auffälligkeiten beim Ungeborenen.
Am Ende dieses Marathons zwischen Hoffen und Bangen bringt Julia Burkhardt eine Tochter zu Welt. Sie ist heute vier Jahre alt und kerngesund, wie sie stolz und erleichtert sagt.
Was sie anderen Schwangeren raten würde? „Lasst euch testen! Und zwar einmal bereits bei Kinderwunsch und dann in den ersten 12 Wochen vor der Zeugung.“ Denn dieser Zeitraum birgt das größte Risiko für eine transplazentaren Übertragung auf das Ungeborene und eine symptomatische Infektion des Neugeborenen.
Der Test wird von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt, er kostet ungefähr 20 bis 30 Euro. Dass diese Tests zukünftig auch in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden, dafür kämpft das Netzwerk, das Julia Burkhardt mitgegründet hat.