Auf den Kopf gefallen

Von Claudia Hempel

Junge bekommt Kopfverband

Ein Anruf aus der Kita oder der Schule verheißt in der Regel nichts Gutes, vor allem, wenn Eltern erfahren, dass ihr Sprössling beim Spielen, Toben oder Turnen auf den Kopf gefallen ist.
Auch wenn das Kind keine äußeren Verletzungen davongetragen hat, muss man immer an eine mögliche Gehirnerschütterung denken, ein Schädel-Hirn-Trauma, das mit einer leichten Funktionsstörung des Gehirns einhergeht.

Wie gefährlich ist ein Sturz oder Aufprall?

Doch wie erkennen Eltern, ob eher der große Schreck für die Tränen und die Kopfschmerzen verantwortlich ist, oder ob es doch einen ernst zu nehmenden Grund gibt, sich Sorgen zu machen? Sitzt der Schreck tief, kommen Eltern oft in die Notaufnahme des Krankenhauses oder der Uniklinik. Dort bleiben die Kinder in der Regel für 24 Stunden und werden beobachtet. Das deshalb, weil Symptome und Beschwerden eines Traumas auch verzögert auftreten können. Bleibt der Zustand stabil oder bessert er sich, können die Kinder wieder entlassen werden.

Sinnvoll ist es, den behandelnden Medizinern den Unfallhergang genau zu schildern. Eine solche Beschreibung ermöglicht eine Einschätzung, ob die bloße Beobachtung reicht oder ob zur genauen Abklärung eine Computertomografie (CT) erforderlich ist. Liefert das CT keine Ergebnisse, kann sich als weiteres bildgebendes Verfahren eine Magnetresonanztomografie (MRT) anschließen.

Was ist der Unterschied zwischen einem Schädel-Hirn-Trauma und einer Gehirnerschütterung?
Ein Schädel-Hirn-Trauma, kurz SHT, bezeichnet eine Verletzung des Gehirns infolge eines Aufpralls oder eines Schlages auf den Kopf. Die Gehirnerschütterung ist dabei die leichteste Form, sie wird als SHT ersten Grades klassifiziert.
Obwohl ein Sturz oder Aufprall ernsthafte Folgen haben kann, gibt die Statistik Entwarnung: Circa 98 Prozent aller vermuteten Schädel-Hirn-Traumata sind harmlos und bleiben ohne Folgen. Das geht aus Zahlen der Notaufnahmen in ganz Deutschland hervor, die im Wesentlichen übereinstimmend sind. Denn das Gehirn ist durch den Schädelknochen gut geschützt.

Anzeichen einer Gehirnerschütterung Hat das Kind sehr starke Kopfschmerzen, die nicht nachlassen oder gar zunehmen, ist das Kind bewusstlos oder muss es erbrechen, sollte man auf jeden Fall eine Arztpraxis aufsuchen. Auch eine starke Wesensveränderung nach einem Sturz sollte ärztlich abgeklärt werden. Während eine Gehirnerschütterung meist harmlos ist, kann ein schweres Schädel-Hirn-Trauma lebensbedrohlich sein. Möglicherweise kommt es im Kopf zu Blutungen, das muss schnell abgeklärt und die Blutungen gestoppt werden.

Erste Diagnose mit einer App

Liegt eine Gehirnerschütterung vor oder nicht? Damit auch Laien das richtig einschätzen können, wurde die App GET entwickelt. GET steht dabei für Gehirn-Erschütterungs-Test-App. Sie funktioniert auf jedem Handy – egal ob Android oder iOS – und wurde von der Hannelore-Kohl-Stiftung entwickelt. Besonders für Sportvereine kann die App sehr hilfreich sein. Sei es beim Fußball, Volleyball, Handball oder Basketball – immer wieder kommt es zu intensiven und mitunter gefährlichen Körperkontakten während des Spiels. Innerhalb kürzester Zeit muss dann entschieden werden: Ist es „nur“ ein heftiger Zusammenprall oder steckt mehr dahinter?
Dabei kann die App helfen. Sie speichert die sogenannte Baseline, das sind die Ruhewerte des gesamten Teams vor der Trainingssaison. So werden Abweichungen im Ernstfall sofort erkannt.
Wenn die App die Gefahr eines Schädel-Hirn-Traumas bestätigt, muss zur finalen Abklärung sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Was tun nach einer Gehirnerschütterung?

Normalerweise helfen Schonung und Ruhe. Schonung bedeutet aber nicht notwendigerweise Bettruhe, sondern Entspannung. Viel Schlaf ist ratsam. Auch der Aufenthalt in einem abgedunkelten Raum kann heilsam sein. Auf zusätzliche Reize wie Fernsehen, Handy oder Bildschirmtätigkeiten sollte verzichtet werden. Auch körperliche Betätigung und geistige Anstrengungen sollte man vermeiden. Also kein Sport und keine Hausaufgaben, selbst Lesen ist für zwei bis drei Tage tabu. Das Gehirn braucht etwas Ruhe, um sich regenerieren zu können. Eventuell helfen kalte Kompressen an Hals und Nacken.

Kann eine App Krankenhäuser entlasten?

Nach wie vor ist ein Schädel-Hirn-Trauma in Deutschland der häufigste Grund für eine Krankenhausbehandlung. Eine deutsche Studie zeigt, dass innerhalb eines Jahres circa 580 von 100.000 Kindern zwischen 1 und 15 Jahren wegen eines Schädel-Hirn-Traumas behandelt werden müssen, über 90 Prozent davon mit einer Gehirnerschütterung. Die meisten Fälle werden bei Kindern unter 5 Jahren sowie im Teenageralter registriert. Sie bedürfen zwar einer engmaschigen Kontrolle, die muss jedoch nicht unbedingt im Krankenhaus erfolgen. Hier kommt die App zum Einsatz. Sie kann den Schweregrad schnell und sicher erkennen und hilft bei der Entscheidung, ob das Kind stationär aufgenommen werden muss oder ob eine ambulante Überwachung reicht.
Dazu startet ein Pilotprojekt in elf deutschen Kinderkliniken.
„Die App kommt nur bei Kindern und Jugendlichen zum Einsatz, bei denen ein sehr geringes Risiko für eine Verletzung des Gehirns besteht“, sagt Dr. Nora Bruns von der Klinik für Kinderheilkunde I des Universitätsklinikums Essen. „Denn aus der Praxis wissen wir, dass diese Gruppe oft hospitalisiert wird, weil man sichergehen möchte, dass keine schwerwiegende Verletzung übersehen wurde.“

Die Hannelore-Kohl-Stiftung hat unter dem Link: www.schuetzdeinenKopf.de Materialien für Schulen zum Thema zusammengestellt, denn viele Verletzungen passieren im Sportunterricht oder auf dem Schulhof. Bei der Stiftung selbst können interessierte Schulen bundesweit eine Materialbox für die Schule als begleitendes Unterrichtsmaterial bestellen.

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