Als Mama einmal unsichtbar war

Von Ingrid Exo

Hennie heißt eigentlich Henriette und geht in den Kindergarten. Henriette wird sie nur von Tante Greta genannt, Mamas Freundin aus dem zweiten Stock. Und die holt Hennie nun bald öfter aus dem Kindergarten ab. Denn Mama ist krank. „Bestimmt für ziemlich lange“, sagt Mama.

Eine Krabbe in der Brust? Komische Krankheit

Was das für eine Krankheit ist, ist für Hennie ziemlich schwer zu verstehen. Denn man kann gar nicht erkennen, dass Mama krank ist, kein Husten, kein Schnupfen, kein Auf-dem-Sofa-Liegen. Krebs heißt die Krankheit, und Hennie stellt sich eine große Krabbe vor, wie die am Strand. Die sind cool, findet sie.

Aber die Krankheit ist so gar nicht cool. Sie verwandelt Mama und bringt vieles zum Verschwinden. Zuerst die Wörter. Vor allem bei denen, die vorbeikommen und helfen wollen. Sie sind sprachlos und verstummt. Oder heulen. Das Lachen ist auch verschwunden.

Noch eine Veränderung ist, dass Mama nicht mehr arbeiten geht. Sie verschwindet stattdessen jetzt jede Woche hinter einer Tür im Krankenhaus. Das ist Mamas neue „Arbeit“. Hennie würde gerne mitkommen, sie findet Krankenhäuser spannend. Aber das geht nicht.

Alles verändert sich

Als Nächstes verschwindet Mamas Kraft. Sie kann Hennie nicht mehr wie ein Pferdchen huckepack zum Spielplatz tragen. Dann Mamas Appetit. Und schließlich ihre Haare.

Für Hennie ist das alles schwer zu verstehen. Und als schließlich auch noch Mama selbst nicht mehr da ist, um sie vom Kindergarten abzuholen, sondern stattdessen Tante Greta, wird Hennie mächtig wütend. Darauf, dass alles anders ist, dass Mama da ist und doch nicht da ist, und Papa auch keine Zeit hat.

Mama tröstet sie – sie versteht Hennie, sie ist selbst wütend und ängstlich.

An guten Tagen liegt Mama auf dem Sofa, das ist jetzt ihr Platz. Da hört sie sich an, was bei Hennie alles so los war und dann schauen sie gemeinsam fern, während Papa verschiedene Dinge erledigt.

Irgendwann aber ist Mama mit Hennie draußen. Und alle drei sind miteinander wieder gesund. Denn irgendwie waren sie ja auch miteinander krank. Und Hennie weiß jetzt, dass Mama da ist, selbst wenn alles an ihr zu verschwinden scheint, bis sie fast unsichtbar ist.

Optimistischer Ausblick

Schon für Erwachsene ist Krebs schwer zu begreifen und emotional eine Herausforderung. Für Kinder, zumal kleine, stellt diese Krankheit erst recht etwas Unverständliches und Bedrohliches dar.

Dieses Buch ist in Teilen autobiografisch, vielleicht ist es Julia Rosenkranz deshalb so gut gelungen, die Gefühlswelt eines Kindergartenkindes so eindrücklich wiederzugeben. Auch das optimistisch stimmende Ende wirkt bestärkend und aufbauend in einer solch krisenhaften Situation.

Buchtitel Als Mama einmal unsichtbar war

Julia Rosenkranz
Als Mama einmal unsichtbar war
Illustrationen: Nele Palmtag
Verlag‏: ‎Klett Kinderbuch
‎ab 4 Jahren

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