Neulich war ich bei meinen Nachbarn zum Grillen eingeladen. Im Garten steht ein Trampolin. Nacheinander hatten die Kinder des Hauses viel Spaß damit. Phillipp, 15, konnte gar nicht kraftvoll und hoch genug springen. Suse, 11, übte recht geschickt Salti. Pauline, 7, hüpfte, was das Zeug hielt. Und Bruno, 1 ½, der gerade laufen lernt, fiel immer wieder um und freute sich, wenn er zurückfederte.
Trampoline sind ein Highlight für Kinder jeden Alters. Und so findet man sie mittlerweile fast überall – im Garten neben der Villa ebenso wie in der Kleingartenanlage. Es ist das Gefühl der Freiheit, durch die Luft zu fliegen und die Herausforderung, immer neue Sprünge zu meistern, die Kinder begeistert.
Professor Dr. Martin Lacher, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Uniklinik Leipzig sagt: „Es ist auch förderlich für die Gesundheit! Denn das Hüpfen hilft beim Stressabbau. Trampoline werden sogar bei verschiedenen Erkrankungen gezielt in der Therapie eingesetzt, vor allem bei motorischen Entwicklungsverzögerungen oder Hirnschäden. Insgesamt verbessert Trampolinspringen das Körpergefühl und die Koordinationsfähigkeit, stärkt die Muskeln und steigert als Ganzkörpertraining die Fitness. Das reduziert dann wieder die Unfallgefahr im Alltag.“
GANZ UNGEFÄHRLICH IST DAS JEDOCH NICHT!
Denn je mehr Trampoline verkauft werden, desto häufiger behandeln Unfall- und Kinderärzte in ihren Praxen Opfer dieses Trendsports. Im Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam wurde dazu schon im ersten Halbjahr 2018 eine Statistik erhoben. Drei Prozent aller Unfälle von Kindern passierten auf einem Trampolin. Das klingt erst einmal nicht viel, in absoluten Zahlen werden in den letzten Jahren deutschlandweit etwa 40.000 Trampolinunfälle registriert. Die Diagnosen waren Kreuzbandrisse, Knochenbrüche aller Art, Ermüdungsbrüche und sogar Halswirbelverletzungen. Rund die Hälfte der Kinder verletzt sich an den Beinen, ein Drittel im Bereich des Oberkörpers, vor allem den Ellenbogen. Etwa ein Drittel (28 Prozent) der Verletzungen, die Kinder auf einem Trampolin erleiden, sind Schädel-Hirn-Traumata, die leichte Form wird als Gehirnerschütterung bezeichnet. Und obwohl Verletzungen im Bereich der Halswirbel relativ selten sind, ist auch das Risiko der Querschnittslähmung nicht zu unterschätzen. Die häufigste Verletzung von Kindern unter sechs Jahren ist die „proximale Tibiafraktur“, der Bruch des oberen Schienbeins. Sie kommt so oft vor, dass sie sogar einen eigenen Namen bekam: „Trampolinfraktur“.
Besonders gefährlich wird es, wenn Kinder unterschiedlichen Alters und Gewichts auf dem Trampolin springen, und zwar vor allem für das kleinere. Wie bei einem Katapult kann es durch die Sprünge des größeren meterhoch durch die Luft gewirbelt werden.
Insgesamt kam es 2021 zu 1.046.073 Unfällen bei Sport und Bewegung. Die meisten, so Claus Weingärtner von der Stiftung Sicherheit im Sport, seien vermeidbar. Bessere Aufsicht, die Einhaltung von Regeln sowie technische und bauliche Schutzvorrichtungen sind die wichtigsten Stellschrauben. Das gilt auch für das Trampolinspringen.
SICHERHEITSREGELN BEACHTEN!
Deshalb empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie Maßnahmen, mit denen sich Unfälle auf Trampolinen vermeiden lassen:
Aufpassen: Eltern sollten ihre Kinder beim Springen beaufsichtigen, um bei Fehlverhalten oder Unfällen sofort eingreifen zu können.
Allein springen: Es darf immer nur ein Kind auf das Trampolin!
Gewagte Sprünge sind tabu: Bei einem missglückten Saltoversuch mit einer ungewollten Landung auf dem Kopf ist vor allem die Wirbelsäule gefährdet.
Immer in der Mitte bleiben: Wenn Kinder die Mitte des Trampolins nutzen, sinkt das Risiko für einen Sturz auf das harte, manchmal nicht abgedeckte Metallgestänge am Rand des Trampolins.
Nicht zu lange auf dem Trampolin bleiben: Regelmäßige Pausen sind wichtig. Ist das Kind überanstrengt, lässt die Körperspannung nach – und die ist für kontrollierte Sprünge notwendig.
Nicht essen: Wer beim Springen kaut, riskiert einen Biss in die Zunge.
Schuhe ausziehen: Am besten springen Kinder barfuß oder mit Socken.
Kein Spielzeug: Bälle und andere Spielsachen haben auf dem Trampolin nichts zu suchen. Sie erhöhen die Unfallgefahr.
Sicherheit überprüfen: Oft stehen Trampoline über Jahre im Freien, sind UV-Strahlung und Kälte ausgesetzt. Verwitterte Netze und Abdeckungen erhöhen das Unfallrisiko.
Unter Anleitung lernen: Einige Sportvereine bieten Kurse im Trampolinturnen an.
Informieren: Manche Kinderorthopäden plädieren dafür, dass Kinder erst ab dem 6. Lebensjahr vorsichtig an das Trampolinspringen herangeführt werden sollten. Das ist oft schwer durchzuhalten, wenn ältere Geschwister oder Nachbarkinder munter auf dem Trampolin springen. Aufsicht und das Aufklären über das Unfallrisiko sind dann besonders wichtig.
Das erste Trampolin George Nissen aus Iowa, USA, war schon als Kind begeisterter Kunstturner. Im Zirkus sah er, wie sich Trapezartisten ins Sicherheitsnetz fallen ließen und von dort zurückgefedert wurden. Er fand, dass sich solch ein federnder Unterbau gut für den Schulsport eignet und – dass man darauf elegante Figuren turnen könnte. Nissen begann zu tüfteln und erfand die Bezeichnung Trampolin nach dem spanischen Wort für „Sprungbrett“. 1941, im Alter von 31 Jahren, gründete er mit einem Partner eine Firma. Die ersten Trampoline bestanden aus zusammengenähten Rollladengurten und Fahrradschläuchen an einem Eisengestell, sie eroberten die Welt und wurden systematisch weiterentwickelt. Viele Jahre setzte sich Nissen dafür ein, dass Trampolinspringen eine olympische Sportart wird. Im Jahr 2000 war es dann so weit. Der Erfinder hat diesen Triumph noch erlebt, er starb 2010.
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