Fit und gesund mit Kneipp

Von Susan Künzel
Kneipp-Kur

Durch die Hilfe des Wassers allein lebe ich heute noch und bin guter Dinge“, sagte Sebastian Kneipp, nachdem er seine Lungentuberkulose durch wochenlanges Eisbaden in der Donau kuriert hatte, und als „Wasserdoktor“ weltweit bekannt wurde. Die Wassertherapie gilt als die wichtigste Säule seines naturheilkundlichen Konzeptes. Die kalten, warmen oder wechselwarmen Wasseranwendungen sind einfach zu handhaben, äußerst wirksam und sehr kostengünstig. Auch darauf kam es Kneipp an. Und seine Wasseranwendungen sind in jeweils angepasster Reizstärke für alle – vom Baby bis zu den Großeltern – geeignet. Zu den milden Anwendungen zählen Waschungen oder warme Bäder. Starke Reize setzen kalte Güsse oder Wechselbäder. Am bekanntesten sind Wickel und Wassertreten.

DIE GRUNDIDEE

Reize setzen ist das Prinzip der Kneipp-Medizin. Ein ausreichend starker Reiz wie kaltes Wasser wirbelt das vorhandene Gleichgewicht der Körpersysteme wie Blutdruck, Körpertemperatur, Hormonhaushalt durcheinander. Der Körper versucht, die Balance wiederherzustellen. Wird dieser Reiz regelmäßig wiederholt, passt der Körper seine Regelsysteme an und wird insgesamt robuster, entspannter und weniger anfällig für Krankheiten.

TURBOSCHALTER TEMPERATUR

Warme, kalte oder wechselwarme Wasserreize lösen ganz unterschiedliche Körperreaktionen aus. Sie …

… aktivieren die Durchblutung
Durch einen Kaltwasserreiz ziehen sich die Gefäße zusammen. Der Körper reagiert zum Ausgleich mit stärkerer Durchblutung. Dadurch funktionieren auch die inneren Organe und der Stoffwechsel besser, Sauerstoff kommt überall hin, die Lymphe fließt, der Blutdruck sinkt. Wir beruhigen und entspannen uns. Ganz nebenbei werden die Gefäße trainiert.

… beeinflussen die Hormone
Der Reiz bewirkt einen gewissen Stress für den Körper, der daraufhin Adrenalin ausschüttet. Die Herzfrequenz steigt, man fühlt sich energiegeladen. Adrenalin macht auch unempfindlicher gegen Schmerz.

… kurbeln das Immunsystem an
Vor allem durch die verbesserte Durchblutung werden mehr Immunzellen produziert und aktiviert. Allerdings muss man für einen guten Schutz vor Infekten mehrmals in der Woche kneippen.

Wichtige Grundregeln:
• Kaltreize nur auf warmer Haut verabreichen und immer an der herzfernsten Stelle beginnen (rechts, von außen nach innen, von unten nach oben)
• Angenehme Raumtemperatur ohne Zugluft
• Anwendungen bis 30 Minuten vor oder nach dem Essen
• Ein Wechselguss fängt immer warm an und endet kalt. Die Warmphasen sind länger als die kalten, beide werden zweimal wiederholt. Das kalte Wasser so lange und so kalt wie möglich anwenden. (kalt bei 17–20 °C, warm bei 36–38 °C)
• Bei kalten Güssen vorher einatmen und mit Beginn des Gusses ausatmen. Nicht die Luft anhalten!
• Bei allen Kaltanwendungen Wasser nur abstreifen, anschließend Erwärmung durch Bewegung, Bekleiden oder ins Bett
• Je chronischer die Erkrankung, desto sanfter (und längerfristiger) muss der Reiz der Wasseranwendung sein

WECHSELGÜSSE

… an Beinen und Armen bringen Schulkinder auf Trab.
Sie kurbeln die Abwehrkräfte an und härten besonders gut ab. Ein Knieguss hilft bei Kopfweh oder chronisch kalten Füßen. Er beruhigt in stressigen Zeiten und kann das Einschlafen oder auch Wiedereinschlafen in der Nacht erleichtern. Insbesondere der Wechselschenkelguss beugt Erkältungskrankheiten vor.

So wird der Knie-/Schenkelguss gemacht:
möglich in der Wanne oder als gutes Ritual beim Duschen, das Wasser soll ablaufen. Eigentlich wird ein Schlauch mit großem Ausguss oder ein Gießrohr verwendet, alternativ kann man den Duschkopf abschrauben oder umstellen auf einen etwa daumendicken und sanften (gebundenen) Strahl. Begonnen wird am rechten Bein. Den körperwarmen Wasserstrahl (36–38 °C) von der Ferse zum kleinen Zeh und dann an der Außenseite des Unterschenkels bis eine Handbreit übers Knie, dieses etwa fünf Sekunden umkreisen.

Beim Schenkelguss geht’s bis hoch zum Po. Dann an der Beininnenseite abwärts. Gleiches am linken Bein. Danach das Ganze mit kaltem Wasser (etwa 18 °C oder kühler). Anschließend erneut warm und nochmal kalt. Unbedingt mit der Kaltanwendung enden. Und dabei ganz zum Schluss die rechte und die linke Fußsohle kalt abgießen. Wasser abstreifen (nicht abtrocknen) und Körper wieder erwärmen, zum Beispiel durch Wollstrümpfe und schnelles Gehen.

Wie lange: pro Unterschenkel etwa 30 Sekunden warm – 10 Sekunden kalt – 30 Sekunden warm – 10 Sekunden kalt; beim Schenkelguss jeweils 5 bis 10 Sekunden länger.

Wie oft: etwa dreimal pro Woche.

Vorsicht bei: akuten Nieren- und Blasenproblemen. Eine helle Hautrötung nach der Anwendung ist völlig normal. Verfärbt sich die Haut bläulich, hat der Guss zu lang gedauert.

WASCHUNGEN

… sind mit die mildesten Anwendungen und schon für Babys gut geeignet.
Sie wirken beruhigend, schlaffördernd, härten ab, stabilisieren den Wärmehaushalt und regen die Verdauung an. Bei den Kleinen können sie auch anstelle von Wadenwickeln das Fieber senken.

So wird’s gemacht: Mit einem kühlen Waschlappen wird ein dünner Wasserfilm auf Körperteile (Teilwaschung) oder den ganzen Körper aufgetragen. Verstärkt wird der Reiz, wenn man die Haut danach nicht abtrocknet. Wichtig: Den Körper beziehungsweise die Körperteile gleich wieder bedecken.

Wie lange: wenige Sekunden.

Wie oft: täglich frühmorgens oder abends (als Einschlafhilfe).

Vorsicht bei: Frieren, Frösteln und aufkommenden Erkältungen

WASSERTRETEN

… ist für Jung und Alt und als Familienritual empfehlenswert.
Funktioniert im Bach, im Tau, auch im Schnee, im Tretbecken in der Schwimmhalle und am einfachsten in der Badewanne zu Hause. Es stärkt das Immunsystem, macht morgens munter und fördert am Abend das Einschlafen.

So wird’s gemacht: Badewanne bis knapp unters Knie mit kaltem Leitungswasser füllen, ca. 18 °C. Darin wie im Storchengang auf der Stelle treten, immer ein Bein komplett aus dem Wasser ziehen, die Fußspitze nach unten beugen. Danach das Wasser nur abstreifen und die Füße mit Strümpfen und Bewegung erwärmen.

Wie lange: etwa 3 Minuten. Auf jeden Fall aufhören, wenn der Kältereiz zu stark wird. Schneetreten nur etwa zehn Sekunden.

Wie oft: regelmäßig, auch mehrmals täglich.

Vorsicht bei: Harnwegs-, Blasen- und Nierenkrankheiten und schweren arteriellen Durchblutungsstörungen, eher nicht während der Menstruation.

ANSTEIGENDES FUSSBAD

… ist ein Klassiker für Kinder gegen Erkältungskrankheiten, wenn man es gleich beim ersten Halskratzen oder Niesen anwendet.
Die stärkere Durchblutung der Füße reflektiert auf die Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum sowie die Unterleibsorgane, hilft bei chronisch kalten Füßen und macht müde fürs Schlafengehen.

So wird’s gemacht: beide Füße in eine Schüssel mit etwa 33 °C warmem Wasser. Innerhalb von 15 bis 20 Minuten bis zur Temperatur von 39°C nach und nach heißes Wasser zugeben. Mit dem Thermometer kontrollieren. Anschließend die Füße gut abtrocknen und 20 Minuten (oder die nächtliche) Bettruhe genießen.

Wie lange: 15 bis 20 Minuten plus Nachruhe von mindestens 30 Minuten.

Wie oft: nach Durchkühlungen, bei ersten Erkältungsanzeichen oder Unterleibsproblemen.

Vorsicht: nicht bei Durchblutungsstörungen, Herzbeschwerden. Bei Kleinkindern kaum Einschränkungen.

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